Die 9 Eskalationsstufen nach F. Glasl

Das Eskalationsstufenmodell vom österreichischen Konfliktforscher Friedrich Glasl ist weit verbreitet. Seine Aussage "Nur durch Mut kann dem Konflikt eine positive Wendung gegeben werden." deutet darauf hin, dass es notwendig ist in einem Konflikt aktiv zu werden und gegenzusteuern. Im Business wie auch im Privaten kannst du das neun Stufen Modell anwenden, sie können dir, wenn du sie verinnerlicht hast, helfen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu erlernen, wie du den Konflikten angemessen begegnest und bestenfalls löst.

Wenn du einen Konflikt nicht erkennst und handelst, können Konflikte nach Glasl bis hin zur gegenseitigen Zerstörung führen. Um dieser Ausweglosigkeit aus dem Weg zu gehen, sind die Eskalationsstufen in drei Hauptebenen unterteilt, die unterschiedliche Eingriffe nötig machen. Dazu später mehr.

Zusammenfassung

Das Modell

Friedrich Glasl habilitierte 1983 an der Universität in Wuppertal mit dem Schwerpunkt Konfliktforschung. Er prägte modellhafte Ansätze zur Konfliktanalyse, die bis heute gültig sind. 1980 entwickelte er das Eskalationsphasenmodell. Die universelle Anwendung ist dabei besonders hervorzuheben, das Modell gilt nicht nur im beruflichen Kontext, sondern lässt sich zur Analyse unterschiedlichster Konfliktarten heranziehen.

Glasl unterteilte die neun Stufen seines Modells in drei Hauptebenen, aus denen sich dann auch die Kategorisierung & die Einschätzung, wie der Konflikt ausgehen könnte, richtet.

In der ersten Hauptebene gibt es noch einen sachlichen Austausch zwischen den Konfliktparteien. Du kannst die Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg räumen, indem du sie erkennst und darüber sprichst.

In der zweiten Hauptebene wird es bereits schwieriger für beide Konfliktparteien sachlich zu bleiben, es entwickelt sich eine zunehmend destruktive und subjektive Sichtweise auf den Konflikt von beiden Konfliktparteien. Es existiert weiterhin der moralische Kodex und du kannst auf dieser Ebene mit Hilfe von außen eine Lösung des Konflikts herbeiführen. Es ist jedoch schon abzusehen, dass es einen Gewinner und einen Verlierer geben wird.

In der dritten Hauptebene verlieren die Konfliktparteien ihre Selbstbeherrschung, es kommt zu Verwerfungen und Verletzungen, die schlussendlich auch in Kauf nehmen lassen, sich selbst Verletzungen und Schaden zuzufügen. Zumeist verlieren beide Parteien ihr Gesicht und agieren selbstzerstörerisch.

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In der Netflix-Serie "Working Moms" kannst du dir die Stufen des Konflikts anhand von Annes Auseinandersetzung mit ihrem Ex-Mann sehr schön anschauen. In meiner Mediationsausbildung wurde als Beispiel des Durchlaufens der Eskalationsstufen auch der Film "Der Rosen-Krieg" mit Micheal Douglas und Kathleen Turner genannt.

Die Eskalationsstufen

Nun zu den einzelnen Eskalationsstufen - neun an der Zahl.

Ich wähle ein wenig abgewandelte Begrifflichkeiten, um die einzelnen Stufen zu benennen, da ich sie dem heutigen Sprachgebrauch anpasse und hoffe, dass du dir dann eine bessere Vorstellung davon machen kannst, was in der jeweiligen Eskalationsstufe passiert.

Eine Ebene umfasst jeweils drei Stufen. Die erste Ebene Win / Win zeigt an, dass in den ersten drei Stufen mit Eingreifen in den Konflikt eine Win-win Lösung herbeigeführt werden kann.

Hier würde ich dir eine Moderation oder Supervision für beide Konfliktparteien als Lösung empfehlen. Das Nutzen von mediative Methoden ist ebenfalls hilfreich z.B. das Aktive Zuhören.

Schärfe deinen Blick für die Details, die deinen Konflikt von einer zur nächsten Stufe bringen. Ich beschreibe die einzelnen Stufen aus der Sicht einer Konfliktpartei - aus deiner Sicht als Konfliktpartei, wenn du so willst. Ich möchte dir die Möglichkeit geben das Modell als Schablone an deinen möglichen Konflikt anzulegen und dir direkt zeigen, wo du zu stehen scheinst, um dann zügig Schritte einleiten zu können, den Konflikt aufzulösen.

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Ich gebe zu Bedenken, dass sich in jedem Konflikt nicht immer beide Konfliktparteien auf der gleichen Stufe befinden - das ist wichtig zu wissen, denn so wird eine Einschätzung, was zur Lösung gebraucht wird, ein wenig differenzierter und herausfordernder. Du siehst, es ist hilfreich bereits zu Beginn eines Konflikts einen Blick von Außen zu erfragen. Sei es ein unbeteiligter Arbeitskollege oder eine unbeteiligte Freundin, die dir hilft, die sachliche Brille für den Konflikt und die Einschätzung der Interaktion aufzubehalten. Frage vielleicht auch einmal deine Chefin oder deinen Chef um Rat.

Kommen wir zu den einzelnen Stufen.

  1. Stufe: Es wird kälter!Einzelne Gespräche verlaufen unterkühlt; ein Gefühl der Distanz tritt bei dir auf; die Stimmung allgemein verschlechtert sich; es liegt etwas in der Luft; keine offene Konfliktaustragung
  2. Stufe: Ein verbales Ping-Pong beginnt!Du findest dich öfter in Gesprächen wieder, in denen du dir einen Schlagabtausch lieferst, vielleicht auch gar nicht weißt, warum es gerade so schwierig ist über das Gleiche zu sprechen; jede Seite möchte Recht behalten; du bist nicht bereit, den Standpunkt des anderen sachlich zu betrachten; ihr kreist immer wieder um das gleiche Thema, kommt aber irgendwie nicht zu einem gemeinsamen Punkt; ihr redet aneinander vorbei und hört einander nicht zu.
  3. Stufe: Ab jetzt wird gehandelt!: Du beschränkst dich nicht mehr nur auf den verbalen Austausch z.B. in Meetings, sondern du behältst Informationen für dich, indem du eine E-Mail nicht mehr fristgerecht an deine Kolleg:in schickst und keine Antwort mehr möglich ist; Gleichgültigkeit für die andere Seite zieht ein, soll er oder sie doch gucken, wo er oder sie bleibt. Eine deutliche Anti-Haltung der anderen Person gegenüber ist zu spüren; es zeigt sich bei dir auch körperlich, du möchtest mit der Person nicht so gerne in einem Raum sein; es gibt missbilligende Kommentare in einem Meeting, in dem das ganze Team oder Kunden anwesend sind.

Nach drei Stufen verlassen wir den Bereich der ersten Ebene und gehen über in Ebene Zwei "Win / Lose". Ab hier müssen härtere Geschütze zur Auflösung des Konflikts aufgezogen werden. Hier kommt Mediation und Konfliktklärung zum Einsatz. Beide Konfliktparteien sollten an einen Tisch gebracht werden & sich mit einer Dritten unbeteiligten Person zu ihrer Auseinandersetzung austauschen. Der Ausgang des Konflikts ist oftmals für eine Person gewinnbringend für die andere Person bedeutet es zu verlieren. Mediation ist eine Möglichkeit eine für beide Parteien gewinnbringende Lösung herbeizuführen.

Auf der dritten Ebene "Lose/Lose" nimmst du eigenen Schaden in Kauf, solange der Schaden am Gegenüber größer ist. Auf dieser letzten Ebene ist der Konflikt nur noch sehr selten mit einer beidseitig akzeptieren Lösung zu beenden. Beide Konfliktparteien verlieren auf dieser Ebene. Beide Konfliktparteien verharren in ihren Positionen und sehe das Gegenüber nicht mehr als Mensch an mit Bedürfnissen und Interessen. Diese Ebene ist schnell erreicht und vermeidbar, wenn frühzeitig in den Konflikt eingegriffen wird und du aufmerksam mit dir Selbst und deinem Gegenüber bist. Hier sind typische Ansätze des Eingreifens: Machteingriff durch Chef:in oder Gerichtsverfahren.

Stufe 8 und 9 sind sehr drastisch formuliert und kommen z.B. im beruflichen Leben eher setzen vor, das kennst du vielleicht auch, dass du dann eher deinen Job kündigst oder die Abteilung wechselst als noch weiter zu gehen und dich selbst auch mit in den Abgrund zu reißen?

Was kannst du aus dem Modell der Eskalationsstufen ziehen?

Erkenntnisse über den Konfliktzustand und die Dringlichkeit des Eingreifens in einen Konflikt. Wenn erst einmal eine Stufe erreicht ist, die in der zweiten Hauptebene liegt, sind meist mehr als zwei Personen involviert und das Geschehen nimmt Fahrt auf, auch die Zeit des Eingreifens ist geringer und erfordert eine rasche Handlung z.B. von dir als Führungsperson, in deren Team sich ein Konflikt entwickelt.

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Mein Tipp: Schaue dir Konflikte in deinem Umfeld an: Wie verlaufen sie normalerweise? Wie würdest du dir wünschen, dass sie verlaufen und erkennst du die unterschiedlichen Stufen? Schule dein Gespür und dein Empfinden für die einzelnen Eskalationsstufen, dass du immer mehr ein Verständnis für die Wechsel der Stufen erhältst und sicherer wirst, welche Klärungs-Methode du nutzen kannst. Denn das Erkennen, welche Maßnahme dir und z.B. deinem Team nun hilft, ist entscheidend, den Konflikt so zu lösen, dass er nicht ausartet.

Anwendung der Eskalationsstufen von Glasl

Ein Konflikt wühlt uns emotional auf. Wenn wir selbst beteiligt sind, dann sehen wir schnell nur unsere Position und verlieren den Blick für unseren Gegenüber. Die Eskalationsstufen nach Glasl bieten dir ein Modell mit dem du einen Konflikt von außen betrachten und bewerten kannst. In welchem Konfliktzustand befindest du dich oder vielleicht auch dein Team? Was kann ich tun, wenn Koalitionen bei der Arbeit entstehen und ich gefragt werde, mich für eine Seite zu entscheiden? Welche Maßnahmen kann ich ergreifen, welche Methoden unterstützen mich, den Konflikt zu lösen?

Für eine Betrachtung von außen, einen neutralen Standpunkt zu finden ist das Modell der Eskalationsstufen eine Möglichkeit. Wenn du noch genauer deine innere Reaktion auf Konflikte dir anschauen möchtest, dann mache meinen Selbsteinschätzungsbogen zu deinem Konfliktstil, den ich dir hier verlinke.

Möchtest du mehr Informationen über eine gewinnbringende & langfristige sowie nachhaltige Lösung deines Konflikts mit einer Mediation, dann schaue in meinen Artikel zum Verfahren der Mediation oder in meine Leistung "Mediation" oder schreibe mir direkt eine Nachricht und stelle deine Fragen, sodass wir in Austausch über deinen Konflikt kommen.