Das Kommunikationsquadrat

Modelle helfen uns das Zwischenmenschliche zu vereinfachen und einzuordnen so auch unsere Kommunikation. Das Kommunikationsquadrat von Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun ist ein Modell, dass mir Kommunikation und was wir mit Kommunikation bewirken können, näher gebracht hat. Zum ersten Mal hatte ich in meinem Abitur mit diesem Modell Kontakt. Andere Namen für dieses Modell sind auch das "Vier-Ohren-Modell" oder das "Nachrichtenquadrat".

Das Modell bildet ab, wie eine Nachricht oder Äußerung von uns Menschen in verschiedener Weise wirken kann und Schulz von Thun analysierte vier Seiten einer Botschaft. Diesen verschiedenen Seiten einer Nachricht gab er verschiedene Farben, sodass wir sie voneinander zu unterscheiden wissen. Es gibt:

1981 stellte Schulz von Thun diese Seiten als Quadrat dar. Diese vier Seiten einer Nachricht entsprechen auch den vier Schnäbeln des Senders / der Senderin und den vier Ohren des Empfänger / der Empfängerin einer Nachricht. Die Qualität von Kommunikation hängt nach Schulz von Thun und diesem Modell ebenso von dem Sender sowie von dem Empfänger ab. Dass dabei Missverständnisse entstehen ist eher die Regel als dass diese Kommunikation fehlerfrei läuft.

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Diese Erkenntnis, dass bereits unsere Kommunikation, da wir alle Individuen sind und alle unterschiedliche Schnäbel und unterschiedliche Ohren haben, Missverständnissen Nährboden bietet, hat mir für meine Kommunikation bereits zu Zeiten meines Abiturs eine Leichtigkeit gegeben. Ich fühle mich, ebenso wie mein Gegenüber (der in diesem Fall dann Empfänger meiner Nachricht ist) verantwortlich für unsere gemeinsame Kommunikation. Aber halt auch nur zu 50%, denn wir sind gleichwertig in dem, was wir aus unserer Kommunikation machen. Diese Aktivität für den Menschen in der Kommunikation, die hinter diesem Modell steckt, beeindruckt mich immer wieder.

Um einen genaueren Einblick in das Modell zu erhalten, möchte ich dir die vier Ebenen der Kommunikation erläutern.

Sachebene

Die Sachinformation steht hier im Vordergrund. Daten, Fakten und Sachverhalte sind hier ausschlaggebend.

Drei Kriterien hat Schulz von Thun festgelegt:

Herausforderung ist für den Sender, dass er oder sie die Sachverhalte klar und verständlich macht, der Empfänger / die Empfängerin kann dann nach den drei Kriterien die Nachricht begutachten / lesen.

Selbstkundgabe / Selbstoffenbarung

Wenn ich etwas sage, dann schwingt in dieser Nachricht auch immer etwas von mir selbst mit, von meiner Persönlichkeit. Meine Gefühle, meine Werte, meine Eigenarten und meine Bedürfnisse schwingen bei der Kommunikation immer mit. Eine Ich-Botschaft ist dabei der direkte Weg und explizit, impliziert kann die Selbstkundgabe ebenfalls passieren.

Das ist für mich der Punkt, an dem z.B. Missverständnisse entstehen können, die sich dann durch Nicht-Kommunikation, also nicht darüber sprechen, zu einem Konflikt erwachsen könnten.

Hier liegt die Aufmerksamkeit mehr beim Empfänger als bei Sender, dieser kann z.B. wohlwollend die Nachricht aufnehmen und sich fragen: Was ist das für eine? Was ist das für einer? Wie ist sie drauf? Wie ist er drauf? Was ist mit ihr los? Was ist mit ihm los?

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Das ist für mich nicht nur in der Kommunikation Knackpunkt, sondern auch in der Mediation ist entscheidend, sich vor allem als Mediatorin immer wieder bewusst zu sein, dass auch meine Gefühle, Bedürfnisse und Eigenarten in meiner Kommunikation mitschwingen. Daher ist für mich als Mediatorin wichtig, Offenheit gegenüber dem Außen zuzulassen. Das erhalte ich mir z.B. durch die Inanspruchnahme von Supervision. Denn in einer Supervision wirst du als Mediatorin (wie auch als andere professionell arbeitende Person) gespiegelt, in eine andere Perspektive versetzt und das Wichtigste: du kannst einen Profi um Rat fragen, deine Bedenken und Gefühle bzgl. einer bestimmten Situation oder Aussage deiner Klienten besprechen und dir selbst dadurch wieder mehr Offenheit und Klarheit verschaffen. Ohne diese Offenheit und Klarheit wärst du in einer Mediation wahrscheinlich keine neutrale Person mehr. ⇒ mehr zu Mediation liest du in meinem Artikel "Mediation - eine andere Methode der Konfliktlösung
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Wenn du weißt, wie du deine Gefühle einschätzt, wie du sie kommunizierst, dann kannst du sie auch besser deinem Gegenüber präsent machen und verdeutlichen. So entstehen weniger Missverständnisse und Konflikte. Mir ist in meiner Arbeit wichtig, dass du diese Fähigkeit für dich selbst erlernst, vertiefst und im Blick behältst. Ich erkenne meine Arbeit an meiner Kommunikation als ständigen Lernprozess an, der nicht endet, wenn ich z.B. ein bestimmtes Zertifikat hätte.

Beziehungsseite

Die Beziehungsseite ist die Seite der Nachricht, in der ich preisgebe, was ich von meinem Gegenüber halte. Diese Seite der Nachricht ist erkennbar in meiner Formulierung, meinem Tonfall, meiner Mimik und meiner Gestik. Hier ist auch meine non-verbale Körpersprache entscheidend.

Der Sender / die Senderin können hier implizit und explizit agieren. Der Empfänger kann sich hier gewertschätzt oder auch abgelehnt, missachtet oder respektiert fühlen.

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Wenn du weißt, wie du selbst kommunizierst und wie es bei deinem Gegenüber ankommt, dann kannst du Einfluss auf die Beziehungsebene in einer Nachricht legen. Die Gewaltfreie Kommunikation kann dir hier auch eine Hilfestellung geben. Willst du mehr dazu erfahren, dann lies meinen Artikel zu "Gewaltfreier Kommunikation".

Appellseite

Die Appellseite ist die Seite einer Nachricht, die Einfluss auf den Empfänger nimmt. Hier ist der Fokus, dass der Sprecher / die Sprecherin ihre oder seine Wünsche, Appelle, Ratschläge oder Handlungsanweisungen äußert. Dies geschieht offen oder auch verdeckt. Der Empfänger kann sich fragen: "Was soll ich damit (jetzt) machen, denken oder fühlen?

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In meiner Arbeit als Mediatorin stoße ich im Alltag oft auf Irritationen, dass z.B. Ratschläge vom Sender ganz anders gesendet werden (mit einem anderen Fokus, einem anderen Bedürfnis) als sie beim Empfänger ankommen. Dieser Spruch: "Ratschläge sind auch Schläge" hat für mich dahingehend Wahrheit.

Schlusswort

Das Modell hilft mir persönlich sehr im Umgang mit Menschen und in der Kommunikation. Ich lerne immer wieder, dass meine Sicht auf die Nachricht nicht die Einzige und vor allem nicht die Richtige Sicht ist, denn es gibt so viele Möglichkeiten der Interpretation und der unterschiedlichen Wahrnehmung wie es verschiedene Menschen gibt -also unendlich - das zeigt dieses Modell mir immer wieder eindrucksvoll.

Um meine Kommunikation wertschätzend, sorgfältig und verantwortungsbewusst zu gestalten, versuche mir die unterschiedlichen Seiten der Nachricht bewusst zu machen, z.B. wenn ich als Mediatorin spreche, wenn ich als Expertin kommuniziere.

Wir sind soziale Wesen, wir Menschen und dabei ist es mir als Expertin für Kommunikation wichtig, dass wir uns mehr bewusst werden, was unsere Kommunikation bei unserem Gegenüber oder in Gruppen und Teams bewirkt und auslösen kann. Sprache und das Wissen um deine Kommunikation kann dir Macht verleihen und kann dir auch sehr viele Möglichkeiten geben, Menschen miteinander zu verbinden, wieder miteinander ins Gespräch zu gehen / zu kommen, wenn es vorher z.B. durch ein Missverständnis oder sogar einen Konflikt nicht möglich war. Jede Nachricht, jede Kommunikation bietet dir einen Neuanfang diese vier Seiten zu betrachten und Offenheit und Akzeptanz dem Anderen gegenüber zu trainieren. Wie ein Muskel trainiere ich mit diesem Modell meine Kommunikation, um sie wertschätzender und auch gewaltfreier zu gestalten. Mehr zu Gewaltfreier Kommunikation findest du in meinem Artikel zu "Gewaltfreier Kommunikation".